Boschs Höllenvision gleicht der Visio Tundali, einem populären spätmittelalterlichen Text, der aus dem Latein vielfach übersetzt wurde (1484 erschien in Den Bosch eine niederländische Ausgabe). Darin unternimmt die Seele eines irischen Ritters eine Reise ins überwiegend höllische Jenseits. Wie in Boschs Wiener Triptychon entspricht auch in Tundals Hölle die Strafe dem Verbrechen, und neben Feuer und Eis quälen finstere Bestien die Sünder auf verschiedenste Weise. Die Visio enthält sogar eine Beschreibung von Luzifer und dem Tor zur Hölle, und auch Boschs rechter Altarflügel schließt mit einer in Dunkel gehüllten, schimmernden Figur mit roten Gliedern und Schwanz unter einem Torbogen aus giftigen Kröten. Zwar illustriert der Künstler den populären Tundal-Text nicht getreu, doch ist auch er von der Hölle und den strafenden Dämonen fasziniert. Anders als bei Memling und den meisten Darstellungen des Jüngsten Gerichts, abweichend auch von Tundal und seinem Besuch des Himmels, wo die guten Taten belohnt werden, ist der Himmel des Wiener Triptychons aber sehr viel kleiner. [...]
€ 7,50